Zufallspitzen, Cevedale, Monte Pasquale |
Zur Vorbereitung unserer Ortlerbesteigung (Tourenbericht Ortler) nehmen wir einige Tage vorher an einer Tour auf den Cevedale teil, um das Gehen im Seil noch ein wenig zu üben und unsere Höhenanpassung zu testen.
Der Cevedale ist der mit der Höhe von 3.679 m nach Ortler, Königsspitze und Zebru nicht nur der vierthöchte Berg im Ortlergebiet, sondern auch der höchste Berg im Trentino und schließlich auch der höchste rein italienische Alpengipfel. Der Cevedale erfreut sich insbesondere bei Italienern sowie bei Skitourengehern großer Beliebtheit. Der vollständig vergletscherte Gipfel erfordert außer Kondition lediglich die wenig anspruchsvolle Fähigkeit des Gehens mit Steigeisen im Seil. Die zahlreichen Spalten des Langenferners und Suldenferners ("Ferner" bezeichnet einen Gletscher) machen das Gehen am Seil in einer Gruppe zur Pflicht.
Der Cevedale ist der mit der Höhe von 3.679 m nach Ortler, Königsspitze und Zebru nicht nur der vierthöchte Berg im Ortlergebiet, sondern auch der höchste Berg im Trentino und schließlich auch der höchste rein italienische Alpengipfel. Der Cevedale erfreut sich insbesondere bei Italienern sowie bei Skitourengehern großer Beliebtheit. Der vollständig vergletscherte Gipfel erfordert außer Kondition lediglich die wenig anspruchsvolle Fähigkeit des Gehens mit Steigeisen im Seil. Die zahlreichen Spalten des Langenferners und Suldenferners ("Ferner" bezeichnet einen Gletscher) machen das Gehen am Seil in einer Gruppe zur Pflicht.
Jeweils samstags bietet die Bergschule Sulden die Tour auf den Cevedale als geführte Tagestour mit ca. 8 Std. Gehzeit an. Mitgenommen wird jeder, der sich anmeldet und für die Führung gezahlt hat. Gletscherausrüstung wird gestellt. Kurz vor 7:00 Uhr finden wir uns an der Talstation der Seilbahn in Sulden mit weiteren Gletscherwanderern und einigen Bergführern ein.
Seilbahn-Bergstation, rechts Königsspitze |
An der Bergstation der Seilbahn werden zunächst Gruppen eingeteilt, die zusammen eine Seilschaft bilden. Unsere Gruppe wird von dem Bergführer Kurt angeführt. Über diese Einordnung freuen wir uns, denn Kurt ist ein sympathischer, lustiger Typ. Unsere Seilschaft wird vervollständigt von einem italienischen Paar in unserem Alter. Beim Anlegen des Sicherungsgurtes wird bereits deutlich, dass die beiden blutige Anfänger sind. Hoffentlich verfügen sie wenigstens über Kondition. Sie sind zumindest schlank und wirken drahtig.
Von der Bergstation in 2.581 m Höhe führt der Weg zuerst durch felsiges Gelände, bis wir den Suldenferner betreten, wo wir uns anseilen und in Richtung Eisseepass orientieren. Der zunächst flach ansteigende Gletscher wird zunehmend steiler. Uns bereitet das kein Problem, aber wir merken schnell, dass es sich bei den beiden Bergkameraden im Seil um Nieten handelt. Das kann noch lustig werden. Kurz vor dem Eisseepass ist das Gelände wieder felsig, so dass wir den Anstieg glücklicherweise nicht im Seil zu gehen brauchen.
Eisseepass, Cevedale, Zufallspitzen |
Nach ca. 2 Std. Gehzeit haben wir den Eisseepass in 3.139 m Höhe erreicht. Hier ist eine Pause angesagt. Das Wetter ist traumhaft schön. Unsere Anoracks haben wir schon lange abgelegt. Kurt braucht jetzt erst eine Aktive und bietet mir auch eine an. Danke, das ist nichts für mich! In Nähe der Passhöhe befinden sich Überreste der ehemaligen Halleschen Hütte, die zum Ende des 1. Weltkrieges ausgebrannt und nicht wieder neu errichtet worden ist. Ein Frontabschnitt des 1. Weltkrieges verlief hier und hat zahlreiche Spuren hinterlassen, bis hin zu Kanonen, die äußerst mühsam an diesen Platz transportiert worden sind. Nach dem Krieg hat sich niemand die Mühe gemacht, die Kanonen zurückzuschaffen.
Obwohl Kurt eine Chaoten-Seilschaft anführt, bleibt er völlig entspannt und freundlich. Hin und wieder jodelt es aus ihm. Er macht uns klar, dass das Jodeln aus dem tiefen Inneren kommt und gelegentlich außerhalb seiner eigenen Kontrolle ausbricht. Bei schönem Wetter, guter Sicht und geringer Anstrengung scheint es sich um ein Dauerphänomen zu handeln, das uns jedoch eher belustig als stört. Unsere beiden Italiener im Seil belustigen uns dagegen gar nicht, im Gegenteil, sie stören.
Obwohl Kurt eine Chaoten-Seilschaft anführt, bleibt er völlig entspannt und freundlich. Hin und wieder jodelt es aus ihm. Er macht uns klar, dass das Jodeln aus dem tiefen Inneren kommt und gelegentlich außerhalb seiner eigenen Kontrolle ausbricht. Bei schönem Wetter, guter Sicht und geringer Anstrengung scheint es sich um ein Dauerphänomen zu handeln, das uns jedoch eher belustig als stört. Unsere beiden Italiener im Seil belustigen uns dagegen gar nicht, im Gegenteil, sie stören.
Cevedale und Zufallspitzen am Rifugio Casati (3.269 m) |
Nach einer weiteren halben Stunde Gehzeit über den Langenferner sind wir beim Rifugio Casati (3.269 m) angelangt. Hier bestände die Möglichkeit, sich den weiteren Weg zum Gipfel zu ersparen und auf dem Rückweg wieder aufgelesen zu werden. Auf diese Idee kommen unsere Seilkameraden leider nicht. Kurt scheint das auch nicht ganz leicht zu nehmen. Er lässt sich in der Hütte seine Trinkflasche mit Wein auffüllen und fragt mich: "Moag'st a Woißen?" Jetzt möchte ich auch nicht mehr ablehnen und nehme einen Schluck. Dank dir, Kurt!
Der weitere Weg bis zum Gipfel des Cevedale kommt uns wie ein Spaziergang vor. Unsere Italienerin befindet sich jedoch an ihren Grenzen. Technische und konditionelle Defizite ergänzen sich jetzt mit Höhenproblemen. Unser ohnehin sehr langsames Tempo ist für sie viel zu schnell. Nach jeweils 3-4 Trippelschritten stoppt sie schwer atmend und nach Luft ringend. Ihr sensibler Gatte schimpft unentwegt, was auf die Leistungsfähigkeit seiner Angetrauten keinen positiven Einfluss ausübt. Auch unsere Langmut wird in dieser ungleichmäßigen Ziehharmonika zunehmend auf die Probe gestellt.
Königsspitze (3.859 m) mit Rifugio Casati (3.269 m) |
Wir steigen auf den Verbindungsgrad zwischen den Zufallspitzen und dem Cevedale und orientieren uns nach rechts zum südlich gelegenen Gipfel des Cevedale, den wir über den unschwierigen Gratweg nach ca. 1,5 Std. ab dem Rifugio Casati erreichen. Der Gipfel selbst ist unspektakulär und hat nicht einmal ein Gipfelkreuz. Das Panorama auf dem Gipfel ist jedoch überwältigend. Wir blicken auf die majestätischen Ortlergipfel, von denen uns insbesondere die am nächsten gelegene Königsspitze äußerst beeindruckt. In der steilen und über eine Strecke von ca. 500 m vereisten Ostwand können wir einige Seilschaften ausmachen. Dort ist natürlich eine ganz andere Klasse am Berg. Mit dieser großen Nummer wären wir auch gerne unterwegs. Leider ist diese Nummer für uns ein paar Nummern zu groß, aber für unsere Entwicklung am Berg könnte das ein attraktives Ziel werden. Heute reicht der Blick bis zur Brenta, der Bernina und dem Pitz Palü. Für dieses Panorama nehmen wir sogar die schlechte Verfassung unserer Seilkameraden in Kauf, was ihre Leistung jedoch nicht entschuldigt. Auf dem Rückweg nimmt die Stolperei im Seil weiter zu. Am Rifugio Casati zeigt Kurt Mitleid mit uns. Er gibt uns ein Seil und fordert uns auf: "Geht's scho ma." Danke, das machen wir gerne.
Nachbemerkungen
Den Ortlergipfel haben wir wenige Tage später erfolgreich mit einem Bergführer bewältigt (Tourenbericht). Wir wären gerne mit Kurt gegangen, der jedoch keine freien Termine hatte. Statt dessen haben wir uns Robert Erb
von der Bergschule Meran ausgeguckt. Robert, der ebenfalls mit einigen Gästen am Cevedale war, ist uns wegen seines sehr ruhigen und sachlichen Stils positiv aufgefallen. Tatsächlich hat sich dann auch eine Partnerschaft mit Robert entwickelt und über mehrere Jahre bewährt. Die Gipfel von Königsspitze (Tourenbericht), Fineilspitze (Tourenbericht) und Weißkugel (Tourenbericht) haben wir mit Robert gemacht.
1993 starben der Kurt Fritz und der Diplomat Ryoji Onodera, japanischer Botschafter in Österreich, am Ortler. Ein rutschendes Schneebrett fegte den Bergführer mit seinem Gast am Seil in eine Gletscherspalte. Wegen schwieriger Wetterlage war eine Bergung erst nach 2 Tagen möglich. Das Ereignis ist damals wochenlang kritisch diskutiert worden, weil einerseit die Verhältnisse am Berg schlecht waren und andererseits die Bergungsaktion erst mit größerem zeitlichen Verzug am Folgetag eingesetzt hat. Das wäre bei Willi Ortler nicht passiert. Der legendäre ehemalige Hüttenwirt der Payer Hütte stand den ganzen Vormittag mit seinem Fernglas vor der Hütte, bis auch der letzte Bergsteiger vom Gipfel zurück war. Willi wusste um die Risiken und fühlte sich als Hüttenwirt für die Fürsorge der Bergsteiger verantwortlich. Willis Nachfolger haben ihre Rolle offensichtlich anders definiert. Es bleibt spekulativ, ob Kurt und sein Gast bei früherer Bergung überlebt hätten. Einige Indizien sprachen dafür. Wenn wir durch Schluderns im Vinschgau gehen, besuchen wir hin und wieder Kurts Grab.
1993 starben der Kurt Fritz und der Diplomat Ryoji Onodera, japanischer Botschafter in Österreich, am Ortler. Ein rutschendes Schneebrett fegte den Bergführer mit seinem Gast am Seil in eine Gletscherspalte. Wegen schwieriger Wetterlage war eine Bergung erst nach 2 Tagen möglich. Das Ereignis ist damals wochenlang kritisch diskutiert worden, weil einerseit die Verhältnisse am Berg schlecht waren und andererseits die Bergungsaktion erst mit größerem zeitlichen Verzug am Folgetag eingesetzt hat. Das wäre bei Willi Ortler nicht passiert. Der legendäre ehemalige Hüttenwirt der Payer Hütte stand den ganzen Vormittag mit seinem Fernglas vor der Hütte, bis auch der letzte Bergsteiger vom Gipfel zurück war. Willi wusste um die Risiken und fühlte sich als Hüttenwirt für die Fürsorge der Bergsteiger verantwortlich. Willis Nachfolger haben ihre Rolle offensichtlich anders definiert. Es bleibt spekulativ, ob Kurt und sein Gast bei früherer Bergung überlebt hätten. Einige Indizien sprachen dafür. Wenn wir durch Schluderns im Vinschgau gehen, besuchen wir hin und wieder Kurts Grab.
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