Mittwoch, 4. August 2004

TMR 2004: Wiedersehen auf dem Dach der Tour und in Zermatt

Gipfelglück auf dem Breithorn
Etappe 9

Mittwoch, 04.08.2004
Testa Grigia (3.478 m) - Kleines Matterhorn (3.883 m) - Breithorn (4.164 m) - Kleines Matterhorn (3.883 m) - Zermatt
Länge: ?
Gehzeit lt. Beschreibung: (nicht beschrieben)
Tatsächliche Gehzeit; 4:30 Std.
Unterkunft: Hotel in Zermatt



Nach einer fast schlaflosen Nacht sitzen wir um 6:00 Uhr beim Frühstück. Das Wetter wirkt noch immer instabil. Über uns liegt eine dicke Wolkenschicht, die Sicht zum Kleinen Matterhorn ist jedoch frei. Da uns kein Anruf des Bergführers erreicht hat, erwarten wir ihn zur vereinbarten Zeit.

Kurz vor 7:00 Uhr sehen wir die erste Seilbahn am Kleinen Matterhorn ankommen, mit der vor allem das Personal der Bergstation und der Testa Grigia transportiert wird. Von der Bergstation der Seilbahn fahren mehrere Personen auf Ski zur Testa Grigia ab. Eine Person steuert genau auf unsere Hütte, unser Bergführer Rudi.

Wir machen uns mit Rudi bekannt. Rudi, etwa 30 Jahre alt, macht auf uns einen sympathischen Eindruck. Er ist ruhig, wirkt souverän und kann mit unserer Aufregung umgehen. Er hat unser Vertrauen. Rudi glaubt, dass wir zum Breithorn gehen können, weil das Wetter sich noch bessern wird. In seinem Rucksack hat er für uns Leihausrüstung mitgebracht: Klettergurt, Steigeisen sowie Teleskopstöcke für Katrin, die nun ihre nicht mehr voll funktionsfähigen Stöcke endlich entsorgen kann. Wir ziehen die Klettergurte an, damit Rudi uns in sein Seil binden kann. Mit unserem Berghund hat Rudi kein Problem und erklärt ihn zum Lawinensuchhund. Dieser weigert sich standhaft, an der Leine zu gehen. So lassen wir ihn trotz der Spaltengefahr frei laufen.

In einem großen Bogen steigen wir nun im Seil über den Gletscher auf in Richtung Kleines Matterhorn. Katrin traut sich die Breithornbesteigung nicht zu und will darum am Kleinen Matterhorn auf uns warten. Tatsächlich ist auch unser Gehtempo für sie etwas zu  schnell, so dass sie gehörig kämpfen muss und kurze Pausen reklamiert. Unser  Hündchen tobt dagegen begeistert um uns herum. Inzwischen werden auch die Wolkenlöcher immer größer und geben den Blick frei auf die großartige Bergkulisse und auf die Testa Grigia, von der wir gestartet sind. Als wir uns nach etwa 1,5 Stunden Anstieg der Bergstation am Kleinen Matterhorn nähern, kommt uns eine Person in einem roten Anorak entgegen. Das könnte Anna sein. Etwas später wird die Vermutung zur Gewissheit: Es ist Anna! Die Freude des Wiedersehens ist bei allen groß.


Am Kleinen Matterhorn halten wir uns nicht lange auf, weil der Berg ruft. Wir legen die Reihenfolge im Seil fest: Hinter Rudi gehen Anna und Lisa, dann folgen Gisa und Karl.

Die Wolken geben zeitweilig den Blick auf das Breithorn mit seiner Gipfelkette frei. Unser Ziel ist der erste Gipfel, der auch der höchste ist. Abgesehen von Spalten ist der Anstieg bei guten Wetter- und Sichtverhältnissen einfach, wenn man wie wir über eine ausreichende Höhenanpassung verfügt. Bevor wir vom flachen Gletscher in den Gipfelanstieg gehen, legen wir noch eine Pause ein und ziehen die Steigeisen an. Die Rucksäcke lassen wir hier zurück. In der Spur zum Gipfel sind weitere Seilschaften unterwegs.   

Als wir am Gipfelgrat ankommen, sind wir von Wolken umhüllt. Das macht aber keine Probleme, denn es gibt eine gute Spur, und schließlich kennt sich Rudi hierbestens aus. Kurz darauf haben wir nach 1,5 Stunden Gehzeit den Gipfel erreicht. Das Gipfelerlebnis löst einen Endorphinrausch aus, wie er sich sonst vielleicht nur noch nach einem erfolgreichen Langstreckenlauf einstellt. Anna und Lisa haben ihren ersten Viertausender bezwungen! Wir beglückwünschen uns gegenseitig, und Rudi macht geduldig mit allen verfügbaren Fotoapparaten das obligatorische Gipfelfoto. Da wir keine Sicht haben, begeben wir uns auf den Rückweg. Die Wolken ziehen ab, und wir können unser Glück schon bald in schönstem Sonnenschein mit großartiger Fernsicht genießen. 

Am kleinen Matterhorn erwartet uns Katrin, die uns bereits lange beobachten konnte und jetzt feststellen muss, dass ihr ein großartiges Erlebnis entgangen ist. Wir laden Rudi noch zu einer Tasse Kaffee ein und verabschieden uns dann. Auf Rudi wartet nämlich bereits die nächste Führung. Bevor wir uns von der Seilbahn nach Zermatt schaukeln lassen, besuchen wir noch den Eispalast, der in einem Gletscherstollen inszeniert ist.

Die Reise mit der Seilbahn kostet schlappe 52 SFr pro Person. Mit Umstieg am Trockenen Steg sowie bei Furgg landen wir schließlich um 14:00 Uhr am westlichen Ortsrand von Zermatt. An der Talstation sitzt  Paul auf einer Bank in der Sonne, um uns zu erwarten. Herzlich schließen wir uns zur Begrüßung in den Arm. Wir freuen uns, dass Paul nach den gerade eine Woche zurückliegenden Ereignissen so gut und erholt ausschaut. Paul hat sich in der Zwischenzeit nicht mehr rasiert und sieht verwegen aus. Wir sind uns einig, dass ihm der Stoppelbart gut steht.

Es gibt so viel zu berichten, aber zunächst müssen wir noch in dem Sportgeschäft neben der Seilbahn unsere Leihausrüstung zurückgeben und bezahlen. Auf unserem Weg zum Hotel schwärmen Anna und Lisa von ihrem Viertausendererlebnis. Katrin ist besonders von der Gletscherwelt begeistert, in der wir uns bewegt haben. 
Paul hat die Überraschungsplanung organisiert und für unseren Abschiedsabend einen Tisch in der Gourmetstube des Hotels Alpenhof reserviert. Jetzt gehen wir aber erst einmal zu unserem Hotel, wo wir
uns bis zum Abend noch etwas entspannen und herrichten können.

Pünktlich finden sich alle vor dem Hotel Alpenhof ein. Der Chef führt uns persönlich in die Gourmetstube und weist uns einen schönen runden Tisch zu. Mit einem Michelin-Stern und 17 Gault Millau-Punkten sind die Erwartungen hoch gesteckt, und wir werden nicht enttäuscht. Nun ist auch der richtige Zeitpunkt gekommen, um Wettschulden einzulösen. Katrin hat eine Flasche Champagner Veuve Cliquot gewonnen, die wir uns als Aperitif servieren lassen, während wir die Karte studieren.

Wir entscheiden uns schließlich für das viergängige Menü Alpenhof zum Preis von 92 SFr, das sich als ausgezeichnet erweisen sollte. Serviert werden uns
  • Tomaten-Kräuter-Essenz (als Amuse
    bouche) 
  • Roher schottischer Wildlachs mit Honigsenf
  • Sisteronlamm auf Gemüse 
  • Sautierte Entenstopfleber auf
    gedünstetem Chicorée 
  • Gemischter Rohmilchkäse oder
    geschichtete Beerentorten oder Crème Brulée 
  • Feine Petit Four zum Kaffee
Lisa und Katrin übernehmen den Wein und beauftragen Paul mit der Auswahl. Souverän wählt Paul die passenden Begleiter, zunächst einen Fendant und zu den Fleischgerichten den Pinot Noir ‚Luzifer’. Das Tischgespräch kreist selbstverständlich um die gemeinsamen Erlebnisse der letzten beiden Wochen. Wir sind uns einig, dass wir nicht nur eine sehr schöne Zeit miteinander hatten, sondern uns auch menschlich sehr viel näher gekommen sind. Der bevorstehende Abschied stimmt etwas traurig. In Köln wollen wir uns möglichst bald wieder treffen.

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