Dienstag, 6. August 2002

Südtirol 2002 - Similaun 3.600 m - Gipfeltour und Ötzi-Tourismus

Similaun, 3.600 m, von Südwesten
Der Similaun zählt neben dem Cevedale zu den vergletscherten Gipfeln Südtirols, die wir ohne Bergführer gehen. Den Similaun haben wir auch schon als Tagestour ab Vernagt im Schnalstal bewältigt. Eine Gewalttour mit ca. 2.000 Höhenmetern jeweils im Aufstieg und Abstieg streben wir in diesem Jahr nicht an und steigen darum am Vortag unserer Gipfeltour mit Werners Begleitung bei schönstem Sommerwetter zur Similaunhütte auf. Von Vernagt im Schnalstal ist bis zum Niederjoch, auf dem sich die Similaunhütte auf 3.019 m Höhe befindet, ein Anstieg von etwas mehr als 1.200 Höhenmetern zu bewältigen. Bis zum Gipfel haben wir am nächsten Morgen nur noch 600 Höhenmeter aufzusteigen, ehe der Abstieg über 2.000 Höhenmeter bevorsteht.






Similaungipfel mit Gipfelgrat
Nach 3 Stunden Gehzeit treffen wir bei unserer Ankunft am späten Nachmittag auf eine völlig überfüllte Hütte. Die Tagesgäste sind bereits weg und noch immer strömen weitere Wanderer zur Hütte. Nur eine Minderheit von Bergsteigern hat den Gipfel zum Ziel. Die weitaus meisten Gäste wandeln auf den Spuren des 1991 als "Ötzi" bekannt gewordenen Fundes einer mehr als 5.000 Jahre alten Gletschermumie. Die Fundstelle in 3.210 m Höhe am Tisenjoch (in Nähe des Hauslabjochs) ist nur eine Gehstunde von der Similaunhütte entfernt, die offensichtlich von dem "Ötzi-Hype" profiitiert. Zu sehen ist dort lediglich eine Gedenkstätte. Wir ziehen den Gipfel vor.






Trotz überfüllter Hütte bleiben wir gelassen, weil wir vorab reserviert haben. Im Gastraum der Hütte sitzen am Nebentisch entfernte Kölner Bekannte. Wir wollen unsere gelassene Ruhe nicht aufgeben und vermeiden den Kontakt. Das Abendessen ist in Schichten organisiert. Nach den Essensschichten wird der Aufenthaltsraum zum Schlafraum. Wir essen in der ersten Schicht. Anschließend sitzen wir noch eine Weile im Schuhraum und schwätzen mit einer Gruppe Holländern, mit denen wir uns über Literatur austauschen.


 

Aufstieg zum Gipfel

Wir stehen früh auf und müssen feststellen, dass die befürchtete Wetterverschlechterung bereits angekommen ist. Die Wettersituation ist jedoch nicht so schlecht, dass sie uns zur Absage unserer Gipfeltour motivieren würde. Außerdem hoffen wir auf eine Verbesserung des Wetters im Laufe des Vormittages. Meine Teleskopstöcke, die im Schuhraum geblieben sind, scheinen inzwischen einen neuen Besitzer gefunden zu haben. Eine Hürde bildet dieser Sachverhalt nicht, aber ärgerlich ist das schon. (Bei Rückkehr zur Hütte nach der Gipfeltour sind die Stöcke wieder da. Darüber kann man sich nur wundern.)
Offensichtlich sind wir heute die einzige Gruppe auf dem Weg zum Gipfel. Die Route führt zunächst längs des bereits stark ausgeaperten Niederjochfernes über felsigen Untergrund, wird aber zunehmend schrofiger. Ehe wir den Niederjochferner betreten, befestigen wir unsere Steigeisen. Ein Seil brauchen wir vorerst nicht, da die Spalten offen liegen und auch eher harmlos sind. Auf dem vereisten und überwiegend flachen Gletscher kommen wir gut voran. Die Sicht wird dagegen immer schlechter. Da die Route eher einfach ist und wir in Vorjahren bereits zwei Mal auf dem Gipfel waren, haben wir eine gute Vorstellung von ihrem Verlauf. 

Wir gehen zunächst in Richtung des Schrofenrückens, der den Blick auf den Gipfel versperrt. Die Überquerung des Schrofenrückens bereitet keine Probleme. Bald sehen wir auch schemenhaft den Gipfelaufbau vor uns, der uns als Wegmarke dient. Inzwischen besteht auch eine Schneeauflage auf dem Gletscher, die mit dem nun einsetzenden leichten Neuschnee zunimmt. Wir seilen uns an, was eher eine psychologische Maßnahme als eine alpinistische Notwendigkeit ist. Vor dem Anstieg zum Gipfelaufbau ist noch eine kleine Randspalte zu überwinden. Erst jetzt wird es steil, so dass wir in Serpentinen zum Gipfelgrat aufsteigen. Auf dem schmalen Grat wird es nun wieder flacher. Wir halten uns ein wenig rechts von der Kante, unter der sich gewöhnlich eine Wechte befindet. So genau wollen wir das gar nicht wissen, haben aber im Hinterkopf, dass es hier Abstürze mit Todesfolge gegeben hat. Ca. 200 m vor uns erkennen wir jetzt trotz des leichten Schneefalls das Gipfelkreuz. Ruhig und konzentriert gehen wir bis zum Gipfelkreuz. Berg heil!
Die Sicht liegt nahe bei Null, der Wind pfeift, das ist kein Ort für einen längeren Aufenthalt. Schnell noch Fotos schießen, dann geht es auch schon zurück auf dem gleichen Weg.

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