Sonntag, 25. Juni 1989

Monte Rosa 1989 - Anreise nach Macunaga zur Vorbereitung auf die Welt der 4.000er

ehemaliges Rifugio Malnate
"L'amore del denaro e vivere la libertà" (liebe das Geld und lebe die Freiheit) - Trinkspruch des Hüttenwirtes Dino auf der Malnatehütte. 1989 sind wir mit einer geführten Gruppe für einige Tage in dieser Hütte, um uns für die Tour in das Monte Rosa Massiv vorzubereiten. Wir staunen nicht wenig, als wir bei Ankunft in der Hütte an der Wand ein Foto mit Widmung von "Klaus dem Geiger" entdecken. Der in Köln stadtbekannte Geiger mit klassischer Ausbildung hat sich in seinem zweiten Leben für eine Aussteigerkarriere als alt-linker Straßenmusiker entschieden. Dino, ebenfalls ein Aussteiger einer bekannten Mailänder Familie, trifft in Köln auf Klaus. Die beiden verstehen sich auf Anhieb, werden Freunde. Klaus war in der Zwischenzeit Dinos Gast in der Hütte, die an dem auch historisch bedeutenden Monte Moro Pass liegt.  
Der Übergang zwischen dem Saastal auf schweizer Seite und dem Valle Anzasca in den italienischen Alpen dient seit langer Zeit als wichtige Verbindung zwischen den Alpentälern. Er war schon zur Römerzeit bekannt und alemannische Stämme, die seit dem Jahr 1000 als Walser bezeichnet werden, haben von 1100 bis 1400 diese Route des großen Walserweges genutzt. Inzwischen führt der große Rundweg der Tour Monte Rosa, der teiweise dem großen Walserweg folgt, ebenfalls über den Monte Moro Pass. Die Tour Monte Rosa, die wir im Jahr 2004 gegangen sind, gab es 1989 noch nicht. Heute gibt es das Rifugio Malnate nicht mehr. An ihrer Stelle befindet sich jetzt das Rifugio Gaspare Oberto. Die intensiven Erinnerungen an eine traumhaft schöne Tour, mit der sich uns eine völlig neue Welt erschliesst, motiviert nach mehr 20 Jahren zu einer nachträglichen Dokumentation.

Unsere Ankunft auf dem Pass ist zunächst ernüchternd. Die Hütte liegt im Nebel, ist fast eingeschneit und seit Wochen außer Betrieb. Dino muss zunächst den Eingang freischaufeln, damit wir die Hütte betreten können. Auch in der Hütte ist es lausig kalt. Fließendes Wasser gibt es vorerst nicht und in den Folgetagen nur spärlich. Einzige Heizquelle der Hütte ist ein kleiner Ölofen, sowie das Ofenrohr, das durch die ganze Hütte führt. In dem Aufenthaltsraum drängen sich alle um den Ofen, der nur wenig Wärme spendet und ab und zu knallende Geräusche erzeugt, die wie Schüsse klingen und uns immer wieder erschrecken. Wir können uns kaum vorstellen, 3 Tage hier auszuhalten. Nach 3 Tagen wissen wir es besser. Am liebsten wären wir länger geblieben und freuen uns bereits darauf, dass in 10 Tagen der Abschlussabend unserer Tour auf der Hütte stattfinden wird.
Am Nachmittag des Ankunfttages erhalten wir Verstärkung. Ein Teilnehmer unserer Gruppe ist aus Schleswig-Holstein mit dem Fahrad angereist und von der schweizer Seite zur Hütte aufgestiegen. Nach Abschluss der Tour wird er auch wieder mit dem Fahrrad zurückfahren. Respekt! 

Dino versorgt uns nicht als Kunden, sondern als Gäste und als Freunde. Er kocht für uns jeden Abend mehr- gängig. Seine einfachen Gerichte schmecken allen phantastisch. Am Anreisetag hat Dino großartigen Käse mitgebracht,  von dem sich jeder von uns zum Abschluss des Abendessens bedienen darf. Weil Dino alleine agiert, gehen wir ihm zur Hand, wenn es sinnvoll erscheint. Bezüglich Getränke bedient sich ohnehin jeder selbst an der Bar. Aufgeschrieben wird nichts und kassiert wird auch nicht. Erst am Abschlussabend lassen wir eine Mütze rumgehen, in der jeder den Geldbetrag legt, den er für angemessen hält.





Gruppenfoto mit den beiden Bergführern (im Vordergrund und rechts außen) sowie dem Hüttenwirt Dino (2. von rechts)

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